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Montag, 17. Oktober 2011

Heilsam

Ein heilsames Mittel gegen jedwede Nostalgie, gegen jedwedes "Ach-Damals"-Gefühl und gegen die rosarote Brille ist Bill Brysons Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge.
Um es vorweg zu nehmen: Dies ist kein Nachschlagewerk, sondern eine höchst amüsante Aneinanderreihung von nützlichen und weniger nützlichen Einzelheiten, Anekdoten und Abschweifungen innerhalb der Geschichte des Hauses. Der Status der Dienstboten wird ebenso angeschnitten wie die Anzahl der Kupfertöpfe in einem Adelshaushalt, der Bau des Kristallpalastes in London, wann die Fenstersteuer abgeschafft wurde oder die Erfindung der Glühbirne, die eben nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen, von Edison stammt. Es ist auch nicht immer ganz richtig, was dort drin steht, denn Thomas Jefferson z.B. war zwar alles Mögliche, aber keinesfalls der Erfinder der Pommes Frites.

Dennoch: allumfassende Weisheiten bietet das Buch zwar nicht, doch ein amüsanter und interessanter Lesespaß quer durch die Geschichte innerhalb der eigenen vier Wände ist es allemal. und heilsam auch: wenn ich lese, wie außerordentlich UNBEQUEM doch das Mittelalter gewesen sein muß bin ich wieder ganz froh in der Neuzeit leben zu dürfen...So, ich bin dann mal wieder im Wohnzimmer...ganz durch bin ich nämlich noch lange nicht.

Montag, 10. Oktober 2011

Lesetipp: Rungholts Sünde

Damit mein armes Blog hier nicht so ganz vertrocknet, gibt es halt mal wieder einen Büchertipp. Ich schwelge momentan im Mittelalter. Gelesen habe ich die Reihe von Judith Merkle Riley, die eigentlich nicht so meins ist, da zu sehr Frauenromantrallala. Manchmal ganz nett, aber insgesamt war es mir zu Klischeeheldinnenhaft, wenn ihr versteht was ich meine.

Zum Ausgleich zu der ganzen rosaroten Mittelalterromantik fiel mir in der Bücherei der Rungholt in die Hände. Rungholt ist ein knorriger Kaufmann, der Ende des 14. Jahrhunderts in der Hansestadt Lübeck wohnt. Rungholt ist kein besonders sympathischer Charakter. Er ist häufig übellaunig, cholerisch, kurz angebunden und hochnäsig. Also eher ein Anti-Held. Ich bin mir immer noch nicht so ganz sicher, ob er mir richtig sympathisch ist oder nicht.

Aber erst mal zur Handlung: In Lübeck wird bei einer Schachtaushebung für einen Brunnen eine Leiche gefunden, die grausam dahingemetzelt wurde: seine Brust wurde aufgeschnitten, das Herz herausgenommen und durch einen Stein ersetzt. Der Kaufmann Rungholt wird gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen. Im Gegenzug wird ihm das Grutrecht* zugesichert.

Freitag, 30. September 2011

Buchtipp: Wer ist der Größte?

Gestern waren wir nach langer Pause mal wieder in der hiesigen Bücherei, was ganz gut war, denn meine ausgeliehenen Bücher waren leicht überfällig. Der Knilch stürzte sich natürlich mit allergrößter Begeisterung auf den Schatz: Bücher! Spiele! DVDs! Er durfte alles mitnehmen, was sein Herz begehrte. Darunter auch ein Buch von Paul Maar, der das Sams erfunden hat. Das wird mit Sicherheit, nachdem ich den Autor kenngelernt habe, auch bei uns irgendwann mal eintrudeln. Für das Sams ist der Knilch noch zu jung. Aber nicht zu jung ist er für die Frage "Wer ist der Größte?" Ich habe beim Durchblättern des Buches schallend gelacht. Der Knilch hingegen hat sich geweigert, sich das vorlesen zu lassen. Hauptsächlich weil ich das gerne wollte und zweitens weil keine niedlichen Hunde auf dem Cover waren.

In "Wer ist der Größte?" greift Paul Maar auf dei Inuit-Tradition zurück, in der es viele Sagen über den Mond gibt. Zunächst einmal streiten sich zwei kleine Inuit-Jungen darüber, wer von ihnen der Größte sei. Jonah ist sich ganz sicher: "Ich bin der Größte!" Enuki ist sich eben so sicher: "Nein, ich bin der Größte!" Sie wenden sich an die altehrwürdige Großmutter, die den Streit schlichten soll und die statt dessen eine Sage aus ihrem Geschichtenschatz herauskramt: Der Mond ist ein eingebildeter Geselle. Stolz zieht er am Himmel seine Bahn, aufgeblasen und in der Überzeugung, der allergrößte zu sein. Eine Pfütze, mit der er ins Gespräch kommt, verunsichert den Mond jedoch. Denn sie, so ihre Logik, ist größer, denn der Mond paßt ganz in sie herein und sie hat immer noch einen Rand um den Mond übrig. Also muß sie größer sein als der Mond. Der Mond zieht etwas geknickt weiter und die Pfütze verkündet genauso aufgeblasen wie der Mond einem vorbeikommenden Hasen, daß sie größer sei als der Erdtrabant. 

Nun, wie es dann weitergeht, erzähle ich hier nicht, nur, daß es sowohl der Pfütze als auch dem Hasen übel ergeht und der Mond sich am Ende der Nacht kleinlaut verzieht, wenn er der Sonne begegnet, die ja nun wirklich die Größte ist. 

Am Ende sehen die beiden Inuit-Jungs ein, daß es gar nicht so wichtig ist, wer der Größte von ihnen ist. Sie sind ja beide gleich groß. Aber...wer von den beiden ist der Stärkste?

Das Buch ist wunderbar illustriert, noch besser und vor allem lustig erzählt und insgesamt eine äußerst originelle kleine Geschichte - nicht umsonst zählt Paul Maar zu den renommiertesten Kinderbuchautoren Deutschlands - und insgesamt eine richtig gute Wahl, wie ich finde. Ich denke, zu Weihnachten oder Geburtstag wird es dann wohl eine komplette Geschichtensammlung geben. Für Kinder ab vier geeignet.

So, und wenn ich dann mit meiner neuesten Entdeckung durch bin, schreibe ich auch darüber noch.

Dienstag, 26. Juli 2011

Buchverlosung

Gerade habe ich es gelesen: Fotografr.de verlost Bücher. Bücher über Fotografie. Alles, was er braucht ist ein Trackback und das mache ich hiermit. :-)

Ich wäre ziemlich heiß auf das DOCMA-Buch oder das Buch von George Barr - von George Barr habe ich übrigens gerade ein Buch halb durchgelesen und ich bin recht begeistert von seinem Stil, da er anders vorgeht als die meisten anderen Fotolehrbücher. Er geht weniger auf die technischen Seiten der Fotografie ein, sondern eher auf die kreative Seite, was mir ausgesprochen gut gefällt. Für die technische Seite der Fotografie, fällt mir ein, habe ich auch noch einen Buchtipp - Ich denke, es wird in den nächsten Tagen Zeit für zwei Rezensionen...

Sonntag, 17. Juli 2011

Das neue Kochbuch

...war offensichtlich eine gute Wahl. Ich hatte schon einige Empfehlungen gelesen und es jetzt bestellt.
Das erste (aber so was von garantiert nicht letzte) Gericht daraus wurde heute auf den Tisch gebracht. (Nicht erschrecken, ein schönes Foto habe ich nicht zustande gebracht.)
Gefüllte Zwiebeln - mit Feta, Tomate, Petersilie, Frühlingszwiebeln. So was von...also, hätte ich es nicht selber gekocht, würde ich jetzt so was von ins Schwärmen kommen. Schmeckte echt, als wären wir heute ausgegangen :-)

Auf fast 280 Seiten findet man tolle, exotische, mediterran-arabisch-jüdisch inspirierte Gerichte mit viel Kräutern, Gewürzen, Farben und wild gemixten Geschmacksrichtungen. Ich sag nur: Wassermelonensalat mit Feta und Olivenöl. Alle vegetarisch. Geordnet sind die Rezepte grob nach Gemüsegruppen - also Kürbisse und Zucchinis in einem Kapitel, Grünzeug im nächsten, Auberginen im übernächsten und so weiter. Die Anweisungen sind sehr klar und ausführlich, man kann nicht viel falsch machen und die Zutaten, so exotisch die Küche auch ist, sind gut zu finden. Und wenn sich doch mal eine gar zu exotische Ingredienz dazwischengemogelt hat, werden auch Ersatzvorschläge gemacht.

Gut, ich habe nur das eine Rezept nachgekocht, aber nach allem was ich gehört habe, ist dies ein Buch, in dem die Rezepte einfach "stimmen": d.h. die Mengenangaben sind exakt. Häufig, in weniger guten Büchern, stimmen diese nämlich gar nicht und man muß reichlich experimentieren, um doch noch ein halbwegs eßbares Gericht auf den Tisch zu bringen.

Glaubt mir, ich habe genügend miese Kochbücher in meinem Leben gesehen, um zu wissen, wovon ich rede: meine Mutter ist nämlich (also, nicht daß hier ein falscher Eindruck entsteht und jeder denkt, ich will über sie herziehen. Das tue ich nicht) eine leidenschaftliche Kochbuchsammlerin. Sie sammelt Kochbücher, vorwiegend die, die sie im Vorbeigehen interessieren und die zufällig gerade herabgesetzt sind. Sie kocht die Rezepte nicht nach. Es reicht ihr vollkommen aus, durch die Bücher zu blättern und die Rezepte zu markieren, die sie nachkochen würde, würde sie sie kochen. Oder so. Eine Reihe der alten Bücher hat sie aussortiert, manche hat sie mir auch gekauft. Aber leider koche ich dann tatsächlich nach und muß daher auch leider sagen, daß Kochbuch bei weitem nicht gleich Kochbuch ist. Was dann auch der Grund dafür ist, daß ich eigentlich eher selten Kochbücher kaufe: mich nervt der Schrott im Bücherregal. An diesem hier konnte ich jedoch nicht vorbei und das war auch gut so. (Ich habe da noch ein oder zwei andere auf der Liste, die kommen dann irgendwann mal, man muß es ja auch nicht übertreiben...)

Noch ein Pluspunkt: die tollen Fotos im Buch. Sie sind ansprechend.

Das Buch gibt es übrigens auch auf Deutsch und hat den, meiner Meinung nach, sehr drögen Titel "Genußvoll Vegetarisch"

 

Montag, 23. Mai 2011

Gans der Bär

Gans der Bär - ein Kinderbuch, das wir aus der Bücherei haben und von dem wir alle ganz entzückt sind.




Der Fuchs klaut aus einem Entennest ein Ei. Zum Abendessen und als Überraschung für seine Frau. Da er in den kanadischen Wäldern beheimatet ist, kann es passieren, daß er dem Bären begegnet, mit dem nicht gut Kirschen essen ist. Der Fuchs rennt also, als er auf dem Weg nach Hause ist, in den besagten Bären rein und verliert das Ei. Der Bär kann das Ding nicht recht zuordnen, erst recht nicht, als das Küken schlüpft. Was das wohl sein mag? Der Bär kann sich keinen Reim draus machen. Das Küken hingegen interessiert das alles gar nicht, der Bär ist seine Mama. Basta. Dem Bären wiederum paßt das nicht und will dem komischen Flattermann beweisen, daß er nicht seine Mama ist, denn: Bären können gut klettern, sind schnell wie der Winnd, stark und können richtig gut schwimmen.

Am Ende aber sind Bär und Bärenküken überzeugt: sei beide gehören zusammen!

Wenn ich nicht so müde wäre, würde ich jetzt noch was superschlaues schreiben, aber ich kann jetzt nicht. Die Geschichte gefällt halt einfach, sie ist schön geschrieben und nicht etwa übertrieben auf niedlich gemacht, witzig, schön illustriert. Ein tolles Buch für kleine Leute halt. Wird seit einer Woche immer wieder verlangt und keiner wird es leid :-)
(Ach ja: Ausnahmsweise gibt es in Zukunft, wenn es um Bücher geht, auch Werbung für das Online-Versandhaus, denn dann brauche ich mir keinen Kopf machen, wenn ich die Bilder zu den besprochenen Büchern verlinken will.  Ansonsten soll es hier auch weiterhin so kommerzfrei wie möglich zugehen.)

Mittwoch, 30. März 2011

Titanisch abgesoffen: Liz Jensens "Endzeit"

Wieder ein Buch von Vorablesen.de: Endzeit von Liz Jensen.

Was habe ich das Buch mit Spannung erwartet, hat doch die Leseprobe so viel versprochen: Originelle Wortgespinste, ein psychotischer Teenager, eine verkrüppelte Psychologin als Betreuerin, die einen sehr makabren Humor besitzt, eine Nervenheilanstalt, in der die gefährlichsten Teenager Englands eingesperrt sind.

Was hätte man für eine Geschichte daraus entwickeln können! Man muß ihr zugute halten: Liz Jensen hat es ja auch versucht. Religiöser Wahn kommt darin vor: der Vater Bethanys, dieser gestörten Muttermörderin, ist fanatischer Christ, der die Entrückung predigt - die Erlösung für alle wahren Gläubigen, während der schäbige Rest auf der Erde vor sich hinschmachtet. Bethany als Muttermörderin, die, wie sich herausstellt, von ihren Eltern mißhandelt wurde, da sie den Teufel in ihr vermutet haben. So ganz unrecht hatten die Eltern nicht. Bethany hat Visionen von kommenden Katastrophen und ist Elektroschocksüchtig. Sie sagt den Weltuntergang voraus. Hinzu kommt die Psychologin im Rollstuhl, die sich fragt, warum ihre Vorgängerin so beharrlich totgeschwiegen wird. Diese wird von den Visionen Bethanys mehr und mehr gefangen genommen. Aber immer noch nicht genug: eine Lovestory, eine rührende Geschichte, wie sich die Rollstuhlfahrerin und ein Physiker finden. Umweltkatastrophen. Schwule Klimaforscher. Entführung. Drohender Weltuntergang durch rücksichtslos profitgierige Unternehmen.

All das und noch viel mehr hat Liz Jensen in  ihren "apokalyptischen" Thriller (?) reingepackt. Eigentlich müßte dieser doch, bei der Fülle vor Spannung überschäumen, ja platzen! Doch er tut es nicht. Statt dessen läßt Jensen, die, wie sie am Anfang gezeigt hat, eigentlich eine Schriftstellerin ist, die mit Worten umzugehen versteht, stark nach. Ihr Stil banalisiert sich im Laufe des Buches, wird zum öden Mainstreamallerlei, wie wir es zu Dutzenden schon (besser) gelesen haben.

Hinzu kommt, daß die Autorin zwar mit Worten umzugehen versteht, aber, zumindest hier, eine miserable Erzählerin ist. Die Geschichte, die doch eigentlich vom Anspruch Frank Schätzings daherkommt, dümpelt gnadenlos langweilig vor sich hin. All diese schönen Katastrophenszenarios. All diese vielversprechenden Charaktere. Und das aufregendste, was passiert, ist ein Wirbelsturm im Fernsehen und diese merkwürdige, zähe, krampfhafte Liebesgeschichte, die sich wie Kaugummi zieht, einen Großteil des Buches einnimmt und doch keinen interessiert.

Man würde sich gerne fragen: "ja, watt denn nu?" (So als alter Rheinländer) Was wollte denn die Autorin? Eine Liebesgeschichte? Einen Ökothriller? Konsum- und Gesellschaftskritik? Eine Reflektion auf das schwierige Leben im Rollstuhl? Eine Mißbrauchsgeschichte? Eine Kritik an dem eigentlich furchterregend-fanatischen Hurra-Christentum, über das wir uns alle lustig machen? Nichts davon geht in die Tiefe, nichts davon wird logisch aufgebaut, nichts davon wird wirklich ausgearbeitet oder wirklcih reflektiert. "Blabla" würde Bethany, die einzig interessante Gestalt dieses Machwerks, sagen. Schade. 

Es ging mir beim Lesen so ähnlich wie beim Film "Titanic": stundenlang gepflege Langeweile und der heftige Wunsch, daß der Kahn doch endlich untergehen möge, damit es endlich vorbei ist.

Dienstag, 15. März 2011

Helga Glaesener: Die Vergolderin / Pola-a-day 15

Hier mal wieder eine Buchrezension von mir. Ich habe mich vor ein paar Wochen bei Vorablesen.de angemeldet und habe jetzt mein erstes Rezensionsexemplar bekommen. Natürlich genau das Buch, das ich eigentlich nicht so gerne wollte, aber was solls. Ich habe es gelesen, es war auch gar nicht so schlecht. Insgesamt finde ich es toll, mein Bücherregal zu füllen und quasi nix dafür zu können...es ist ja Arbeit. Irgendwie...*dideldum*

Hier sehen wir auch schon, wer das Buch ganz aufgeregt ausgepackt hat...Aber jetzt erst mal zur - langen - Rezension. Ich habe mir auch Mühe gegeben.

Helga Glaeseners "Die Vergolderin" ist das zweite Buch, das ich von dieser Autorin gelesen habe. Wie auch der Vorgänger ist es gut zu lesen, denn Helga Glaesener hat einen eingängigen, flüssigen Stil, der die Augen nur so über die Seiten flutschen läßt.

Doch zuerst einmal zur Handlung: die junge Elisabeth Weißvogel lebt im Braunschweig, zur Zeit der Renaissance in Deutschland. Sie und ihre zwei jüngeren Geschwister sind als Waisen bei dem Großvater untergekommen, der die Enkel jedoch nur widerwillig aufgenommen hat. Der Vater aht als Goldfälscher Schande über die Familie gebracht und hat nach ihrer Vertreibung aus Osnabrück Selbstmord begangen. Die Mutter stirbt an den Folgen der Armut. Elisabeth versucht nun, ihre Geschwister zu voersorgen, wie sie es ihrer Mutter versprochen hat, doch es gibt ein Problem: als Frau ist es ihr verboten als Vergolderin zu arbeiten - die Gilden nehmen keine Frauen auf. Arbeiten und Verkaufen kann sie nur heimlich mit Hilfe ihres Liebsten. Bei einem dieser Treffen passiert es: Elisabeth wird Zeugin eines hinterhältigen Überfalls. Ein Blinder rettet sie vor der Entdeckung durch die Bösewichter.

Im weiteren Verlauf geht es zum einen um eben diesen Blinden, Martin Clavius, der in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist, um sein verlorenes Gedächtnis zu finden. Wieso ist er als Jugendlicher aus der Stadt geflohen, woher kommen die schlimmen Narben in seinem Gesicht und seine Blindheit? In der Stadt trifft er auf seinen Bruder, angehender Gildemeister und Goldschmied, der zu verhindern versucht, daß Martin die Wahrheit über den "Unfall" herausfindet. Elisabeth widerum wird in die Intrigen, die Gregor Rudel, Martins Bruder, anzettelt, hineingezogen. Nach vielen Irrungen und Wirrungen, Intrigen, Morden, politischen Ränkespielen finden...ach nein, das verrate ich besser hier noch nicht.

Glaeseners große Stärke ist ihre Erzählkunst. Man wird förmlich in das Buch hineingesogen, man liest in einem Rutsch flüssig durch. Es ist eine spannende Geschichte, die mit ihren vielen Wendungen und ihrer verschachtelten Handlung verhindert, daß es dem Leser langweilig wird.

Und genau in diesen Wendungen und Verschachtelungen liegt auch Glaeseners große Schwäche: dadurch, daß sie versucht, in ihren Erzählungen die eierlegende Wollmilchsau neu zu erfinden - Liebe, Ränke, Mord, Totschlag, Politik, Geschichte, tapfere Weibsbilder und Männer, die noch Männer waren - sprich: alles und noch mehr zwischen zwei Buchdeckeln zu pressen versucht, flacht die Handlung ab, sie verliert Tiefe. Nichts wird richtig durchdacht, alles bleibt an der Oberfläche. Ich war nicht in der Lage, in die Zeit hineinzufinden, es scheint, als hätte Glaesener die Zeit, in der die Geschichte spielt, nur gewählt, um irgendeinen (beliebigen) historischen Hintergrund zu haben. Die politischen Zwistigkeiten zwischen den Städten hätte ausgearbeitet werden können. Die Schwierigkeiten, die Frauen hatten, neben den mächtigen Gilden zu bestehen. Die Kriminalgeschichte. Die tiefen Spannungen zwischen den beiden Schwestern oder den beiden Brüdern. Das Vergolderhandwerk. Aber nichts davon, alles wird angerissen, erzählt, beiseite geworfen.

Gleiches geschieht mit den Charakteren: Sie werden beschrieben, jedoch nicht lebendig. Ich bin nicht in der Lage, mir den Großvater beispielsweise vorzustellen. Oder Martin. Elisabeth selbst erscheint als Stereotype der hübschen Blonden. Ich kann sie mir als Charakter kaum vorstellen, nicht ausmalen, sie wird nicht lebendig. Um so schlimmer dann, daß auch diese oberflächliche Beschreibung der Protagonistin nicht stringent ist: sie wird als starke, harte Frau beschrieben, agiert aber als weichherziges Weibchen. Am Ende steht sie dann doch nicht für sich selbst ein, sondern ist auf die Hilfe eines Mannes angewiesen. Und sie heult. Viel. Die Schwester bleibt ein Abziehbild, Staffage: ich habe gar kein Bild von ihr. Wieder bleibt alles an der Oberfläche. Am stärksten ist der Bösewicht Gregor, der jedoch auch nicht aus dem reinen Klischee ausbrechen kann.

Insgesamt, trotz der Schwächen, kann ich das Fazit ziehen: Es ist keine große Literatur, kein tiefgängiger Gesellschafts- oder Epochenroman, doch das habe ich auch nicht erwartet. Es war nette Unterhaltung, flüssig zu lesen und genau das Richtige für ein verregnetes Wochenende. Wer Historienromane liebt, wird hier definitiv auf seine Kosten kommen.

Mittwoch, 9. März 2011

Russel, das schlaflose Schaf


Russell das schlaflose Schaf hat ein Problem: es kann nicht schlafen. Alle seine Schafkumpanen legen sich ins Bett und Russell? Der bleibt einfach wach. Er forscht nach, was ihn vom Schlafen abhält: ist es etwa zu kalt? Zu unbequem? Braucht er einen anderen Schlafplatz? Funktioniert Zählen? Am Ende, nachdem wir erfahren haben, daß es sechshundert Billionen Millionen und zehn Sterne gibt, findet er einen Weg und fällt er in den Schlaf...während seine Schafkumpane wieder aufwachen.

Russell hat keinen tieferen Nährwert: es will nicht auf spielerische Weise ein ernstes Thema nahebringen, es will nichts beibringen. Es ist einfach nur supersüß. Am meisten haben mich diese Grafiken angesprochen, die wesentlich verspielter sind als wir es aus deutschen Kinderbüchern kennen. Wer amerikanische oder auch englische Kinderbücher kennt, wird wissen, daß die Illustrationen dort oft deutlich ansprechender, fröhlicher und verspielter sind als in deutschen Kinderbüchern (dafür fehlt es ihnen genauso häufig an Content). Aber hier stimmt beides: Die Illustrationen sind klasse, die Geschichte ist niedlich und leicht nachzuvollziehen. Nicht für große Kinder, aber Kinder um die drei, vier Jahre haben Spaß daran.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Buchtipp: Gui Gui, das kleine Entodil

Heute gibt es mal wieder etwas anderes als nur Photos, ich dachte mir, ich schreibe heute wieder eine kleine Buchrezension über ein wunderbares Buch, das seit einiger Zeit bei uns im Haus ist: Gui Gui, das kleine Entodil.




Gui Gui, das kleine Entodil stammt aus der Feder des chinesischen Autors Chen Jianghong. Er erzählt hier die Geschichte von Gui Gui, dem Entodil. Als Gui Gui noch im Ei lag, rollte dieses Ei in ein Entennest. Die Enten schlüpften, Gui Gui schlüpfte. Im Gegensatz zu den niedlichen Entenküken, die blau gestreift, getüpfelt sind oder goldgelb, ist Gui Gui blaugrau und warzig. "Macht nichts", denkt die Entenmutter und hat es trotzdem genauso lieb wie die anderen Küken. Eines Tages trifft Gui Gui auf garstige Krokodile, die genau so aussehen wie er und ihn in eine Identitätskrise stürzen: ist er nun eine Ente oder ein Krokodil? Als ob das nicht genug wäre, wollen die garstigen Krokodile mit den scharfen Zähnen auch noch Gui Guis Entenfamilie auffressen.

Zuerst einmal, ganz ab von der wunderschön erzählten Geschichte, haben mich die Illustrationen von Chih-Yuan Chen begeistert. Die Bilder sind hauptsächlich in Erdtönen gestaltet mit klaren, schlichten Grafiken. Wunderschön anzusehen ganz ohne kitschig-niedlich zu sein. Die Geschichte selbst ist ebenfalls wunderschön: schnörkellos und klar erzählt, dabei trotzdem bildhaft und kindgerecht. Und das ganz ohne diesen zahnschmerzerregenden, süßlichen Kitsch, den man so häufig in Kinderbüchern findet.

Als i-Tüpfelchen obendrauf vermittelt die Geschichte Kindern auch, daß es ganz egal ist, wie man aussieht, wichtig ist, wie man handelt, was man tut. Eine Geschichte über Freundschaft, Familienzusammengehörigkeit und gegen Rassismus. Ein tolles Buch, das sich gut vorlesen läßt - es ist eines meiner persönlichen Favoriten, die ich unheimlich gerne vorlese. Etwa ab drei oder vier würde ich sagen.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Farben sehen & die Sache mit dem Buch

Ich merk es schon: so ein tägliches Projekt, das ist nichts für mich. Wie ich gestern schon sagte, fehlt die Ruhe, dann hetzt man hier hin und da hin, zur Bank, zum Friseur und überhaupt, dann futtert das Kind das Motiv auf oder räumt es wieder weg, weil "da gehört das nicht hin, ich leg das in die Spüle" und so weiter.

Aber als ich heute so ganz vorwurfsvoll zum urlauber sagte, daß ich ja gaaaar keine Zeit zum Photographieren gehabt hätte und überhaupt, da hat er mich, nicht ganz unrichtig, korrigiert: "Öh? Du hast doch den ganzen Tag gelesen?" (Famose Sache, wenn der Gatte Urlaub hat!)

Ähm. Ja. Habe ich. Aber was muß der neueste Band von der George auch so spannend sein? Nachdem mich das letzte Buch der George, das ich angefangen hatte, so enttäuscht hat, habe ich das jetzt nicht erwartet. Gut, es war ein bißchen zuviel der Kleiderfrage und ein bißchen langatmig vielleicht auch und die neue Acting Superintendent oder wie auch immer war mir eher unsympathisch und zu einem Teil ist das Beschriebene nur sehr schwer zu ertragen...593 Seiten, kleiner Druck, großes Paperback und teilweise schwieriges Englisch - zum großen Teil versucht George in ihren Büchern den Rederhythmus und die Sprache der Leute auch im Dialog miteinander wiederzugeben; das macht es schwierig, denn die umgangssprachlichen Wendungen, die Abkürzungen etc. sind nicht vertraut. Etwa so, als würde ein Bayer versuchen, Kölsch zu lesen. Geht, ist aber ein bißchen mühsam. Nun ja, wenn ich amerikanisches Gewäsch lesen wollen würde...

Also, Eine Frau wird - ausgerechnet - auf einem Friedhof ermordet. Das Team um Barbara Havers mit dem neuen Boss wird gerufen, den Fall aufzuklären. Nach und nach tauchen Fragen auf: warum ist Jemima aus Hampshire geflohen, ohne jemandem zu sagen, wohin und warum? Warum brach sie mit ihren Freunden und dem Mann, den sie eigentlich heiraten wollte? Was haben ihre Mitbewohner damit zu tun? Und was ist mit der neuen Frau an der Seite des Ex-Freundes? Und am wichigsten vielleicht: wer waren alle diese Leute, die mit Jemima zu tun hatten, sind sie das, wofür man sie hält. Die Ermittlungen laufen ins Leere und Inspector Lynley wird wieder an Bord gerufen. Nach und nach zeigt sich, daß das Verbrechen um Jemima eine ganz andere Dimension hat, als anfänglich angenommen.

Es ist eigentlich von Anfang an klar, daß der Hauptverdächtige nicht der Schuldige ist, das wäre zu offensichtlich. Elizabeth George entwirft ein verzwicktes, verwickeltes Szenario um den Mord, der am Ende aus ganz anderen Gründen geschehen ist als man am Anfang angenommen hat. Besonders viel Wert wird auf die Charakterentwicklung der Protagonisten gelegt, man hat - anders als bei so vielen Büchern - das Gefühl, daß es sich um "wirkliche" Leute handelt und nicht nur um bloße Scherenschnitte um das Buch zu füllen. Gegen Ende hin wird deutlich wieso und warum alles passiert ist und etwa gegen Mitte des Buches wird eigentlich klar, wer der Killer war. An Spannung verliert das Buch trotzdem nicht, denn man will nicht wissen, ob der Killer gefaßt wird, sondern was die Leute machen, welche Motive sie für ihre Taten hatten, warum sie so handeln, wie sie handeln.

Fazit: lesenswert. Ein neues, gutes und sehr fesselndes Buch von der George, das an einigen Kleinigkeiten krankt wie z.B. der unsympathischen Neuen oder der Kleiderfrage, die unnötig Verwirrung stiftet oder auch der einen Person, die in den Verdächtigenkreis rückt, aber am Ende verschwindet, so daß man sich fragt, was das sollte und wozu die Figur, die eigentlich offensichtlich als möglicher Killer erdacht wurde, überhaupt da ist, wenn sie so schnell wieder an den Rand gedrängt wird. Auch der Polizist in Hampshire ist nicht ganz einleuchtend, aber das sind wirklich nur Kleinigkeiten. Ich jedenfalls habe mich die letzten Tage nicht davon losreißen wollen.

Montag, 19. April 2010

Die Chemie des Todes

Wie ich hier schon geschrieben habe, habe ich zwischen das Buch noch zwei weitere geschoben. Eines davon ist so unsäglich schlecht gewesen, daß es mir zu peinlich ist, zuzugeben, es jemals gelesen zu haben. Es lag halt so herum und ich kann ehrlich nicht mehr sagen, worum es dabei ging.

Das zweite war Simon Becketts "Die Chemie des Todes", die ich nicht besonders fand. Nette Unterhaltung, aber nichts weiter.

In einem englischen Dorf wird von Kindern eine Leiche gefunden. Der Dorfarzt begegnet den Kindern, sie erzählen ihm, was sie gesehen haben, die Polizei wird alarmiert und schon ist es vorbei mit der dörflichen Idylle. Der vermeintlich einfache Landarzt Dr. Hunter entpuppt sich als forensischer Anthropologe, der, wie könnte es auch anders sein, eine Kapazität auf seinem Gebiet ist. Er wird zur Mithilfe bei der Identifizierung der gefundenen Frauenleiche gebeten. Da er sich auf das Land zurückgezogen hat, um den Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter mitsamt seiner Vergangenheit zu vergessen, widerstrebt es ihm. Natürlich hilft er aber. Ein zweiter Mord wird begangen, im Dorf macht sich Unbehagen und Mißtrauen breit. Es muß ein Einheimischer sein, aber wer?

Bei den Ermittlungen trifft Dr. Hunter auf Jenny, blond und - wie kann es anders sein - schlank und hübsch. Die beiden verlieben sich, Dr. Hunter untersucht auch bei der zweiten Leiche Würmer und Maden und Fliegen, um den Todeszeitpunkt festzustellen und so weiter. Natürlich wird danach Jenny entführt und - praktischerweise - drei Tage gefangen gehalten. Dr. Hunter sucht und stolpert per Zufall über den Überraschungskiller, der aber noch durch eine weitere dunkle Gestalt angetrieben wird und... naja. Es ist weder originell noch besonders pfiffig. Die Handlungsabläufe sind vorhersehbar, das Mädchen wird gerettet, die Bösen sterben. Keiner kommt vor Gericht, wie das eben mit Serienmördern so ist.

Das Buch ist spannend aber nicht originell. Vieles ist vorhersehbar und so langsam nerven mich diese stereotypen Buchschönheiten, die angeblich unabhängige, moderne Frauen sind, und die sich am Ende doch als Frauchen entpuppen, die dem Retter vaaaaliept seufzend in die Arme fallen. Nervig ist auch der Serienkiller. Ein Mord reicht nicht, es müssen direkt mehrere sein, eine möglichst grausamer dahingeschlachtet als die nächste. Am Ende steht der Mörder nie vor Gericht. Nervt mich auch. Am allernervigsten fand ich die fehlende Rafinesse. Trotz der Ermittlungen, die von einem Ende zum nächsten stolpern, wird der Killer nur durch blanken Zufall gefunden. Das ist eigentlich sehr praktisch, denn so braucht man keine logische Beweiskette, keinen roten Handlungsfaden, keine Hinweise.

Spannend, aber es verdirbt den Appetit bei einigen Beschreibungen und diese Tendenz zur Grausamkeit bei heutigen Krimis oder Thrillern macht mir ein wenig Angst. Das Buch selbst jedoch wird dadurch kein bißchen besser oder spannender. Statt Intelligenz kommt das Schlachterbeil zum Einsatz, man sucht lieber den Effekt als echte Originalität oder Rafinesse, um den Verkauf zu garantieren. Den Folgeband muß ich nicht lesen.

The Sweetness at the Bottom of the Pie

Wie irgendwann bereits angekündigt, kommt auch endlich mal was anderes, nämlich eine Buchbesprechung. Ich habe für das Buch ein wenig länger gebraucht. "The Sweetness at the Bottom of the Pie" hat mich aufgrund des Titels gereizt; ich mag schräge Bücher einfach. Zu deutsch heißt es ganz trocken "Mord im Gurkenbeet", was mich nicht zum Kauf animiert hätte, geschweige denn zum Lesen.

Hier würde sich jetzt das Bild befinden, ich bin aber nicht sicher, ob das erlaubt ist, daher ist es nicht hier. 

Nun, was mich an dem Buch gereizt hat, war als allererstes, wie schon gesagt, der Titel, der charmant klingt. Die Beschreibung auf der Rückseite des Buches war noch charmanter: eine Zehnjährige mit Namen Flavia, die versucht, einen Mord aufzuklären. Kinder, die ein Verbrechen aufklären wollen, gibt es zwar in der Literatur zuhauf, aber meist handelt es sich dabei nicht um Morde und schon gar nicht um Bücher für Erwachsene. Ich konnte nicht widerstehen, also ist das Buch in meine Einkaufstasche gelandet.

Zu Hause angekommen, habe ich mich in mein Buch zurückgezogen, in die Abenteuer der Flavia de Luce, die im England der Mitte des letzten Jahrhunderts mit ihren drei Schwestern, dem verwitweten Vater und zwei treuen Hausangestellten auf einem verfallenden Adelsanwesen lebt. Enttäuschenderweise ist sie trotz ihres Namens keine Italierin, aber das ist nicht so wichtig. Flavia wird auf der ersten Seite von ihren Schwestern gefesselt und geknebelt in einen Schrank eingesperrt. Sie befreit sich und sinnt auf Rache. Dabei erfahren wir, daß ihr Verhältnis zu den älteren Schwestern Ophelia und Daphne ein wenig angespannt ist, wie es sich eben so gehört. Der Vater, ein Briefmarkensammler, lebt zurückgezogen in seiner Welt der bedruckten Papierchen; seine Kinder bekommen ihn kaum zu Gesicht. Eines Nachts steht Flavia auf und geistert durch das Anwesen. Sie hört im Zimmer ihres Vaters einen Streit. Sie geht ins Bett. Früh morgens hört sie ein Geräusch, sie wird neugierig, sie geht raus, findet einen geheimnisvollen rothaarigen Mann, der gleiche, der den Streit mit Colonel de Luce hatte, der im Gurkenbeet stirbt und mit seinem letzten Atemzug "Vale" - Lebewohl - seufzt. Damit fängt die ganze Geschichte an.

Flavia setzt es sich in den Kopf, den Mord aufzuklären. Mit ihrem Fahrrad Gladys fährt sie von Hinweis zu Hinweis; sie durchwühlt alte Zeitungen, rührt in der Vergangenheit, denn der rothaarige Fremde ist kein wirklicher Fremder, sondern besitzt eine dunkle Vergangenheit, die mit der des Vaters von Flavia verknüpft ist. Erst als sie Licht in die Ereignisse bringt, die 20, 30 Jahre zuvor passiert sind, erklärt sich der Mord im Gurkenbeet.

So weit, so gut. Es klingt alles ganz fürchterlich charmant-verschroben. Alan Bradley überzeugt in der Darstellung des englischen Landlebens der fünfziger Jahre. Das Buch wirkt altmodisch-liebenswert, ein wenig trocken und umständlich, ein wenig gestelzt, ganz im Kontrast zu der nachlässigen Sprache des heutigen Kriminalromans von heute. Man glaubt fast, Bradley sei in eben diesem Milieu zu Hause.

Leider hat das Buch aber auch deutliche Schwächen, die mich fast haben aufgeben lassen. Tatsächlich habe ich zwei andere Bücher dazwischengeschoben, dann sind mir die beschrifteten Papiere ausgegangen, was mich wieder zu Flavia hat hinwenden lassen.

Das größte Manko des Buches ist, daß man die Charaktere nicht glaubt. Ganz egal, wie fiktional eine Geschichte ist, sie muß überzeugend gelogen sein - und das ist hier nicht der Fall. Eine zehnjährige, die alles über Gifte weiß? Die die Titelmelodie des Films "Der Dritte Mann" kennt, obwohl noch nicht mal ein Fernseher / Kino zur Verfügung steht? Die redet und auftritt wie ein siebzigjähriger - denn das ist Alan Bradley. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, daß die Geschichte nicht aus der Sicht der zehnjährigen geschrieben wird, was Bradley durch die erste Person, in der das Buch geschrieben ist, impliziert, sondern daß es eine sehr alte Person ist, die das erzählt. Die restlichen Charaktere sind recht flach und stereotyp, speziell die Haushälterin und der Vater. Es tauchen hin und wieder Personen auf, die man auch recht schnell vergißt, von denen man vermutet, daß sie noch wichtig sein würden, die aber wieder sang- und klanglos verschwinden. Die ganze Geschichte samt Showdown mit Mörder ist durchschaubar. Ich bin nicht der Rätselrater und normalerweise kenne ich den Mörder vor Ende nicht, aber hier war nach der Hälfte schon klar, wer es ist. Außerdem ist der Showdown nicht so ganz schlüssig.

Wie auch immer. Nach dem ersten Ärger um die unglaubwürdigen Charaktere und die etwas flache Handlung habe ich das Buch aber doch als nette Unterhaltung genossen.

Dienstag, 2. März 2010

Ohne Punkt und Komma

Also, des Kurzen derzeitiges Lieblingsbuch, oder besser: eines seiner Lieblingsbücher, ist das hier:
(Ich hoffe jetzt mal, daß das erlaubt ist, daß ich hier das Bild zeige.) "Hier kommt Max" war ein echter Glückstreffer, bestellt hatte ich es nur, weil ich - nein, nicht, weil ich Jan Weiler so toll finde, sondern Ole Könneke. Wir haben zwei andere Bücher, die von ihm illustriert wurden und ich finde die Zeichnungen einfach immer wieder wunderbar. (Übrigens sind auch die beiden anderen Bücher toll, aber davon ein anderes Mal.) Aber hier sind nicht nur die Zeichnungen sehenswert, sondern auch der restliche Inhalt ein (Vor-)Leseerlebnis.

Sohnemann kann nicht genug von den Geschichten kriegen: so berichtet nämlich Max aus seinem Alltag, von dem fluchenden Waschmaschinenmann, warum es doof ist, klein zu sein, was man macht, wenn man LangeLangeLangeLangeweile hat, von dem schlimmen Streit mit Papa, warum einkaufen mit Papa so viel mehr Spaß macht als mit der Mama (weil der Papa doch immer so dringend irre nötige Sachen wie Hefte mit Spionlampe und Eis kauft), von der Wette mit dem Wurm, der doofen Schwester Therese, die immer nur Mädchenkram mag und was ist, wenn man nicht schlafen kann.

Alles ohne Punkt und mit ganz vielen Kommas, so wie Kinder manchmal eben reden. Zum Schießen komisch und nicht nur der Kleine hört gerne zu, ich lese es auch gerne vor, auch wenn es manchmal hektisch wird und ich mir den Mund verknote. Es ist mal was ganz anderes als die vielen "schön" erzählten Kinderbücher. Ich denke, der Kurze mag es gerade deshalb so gerne, weil es nicht so glattgebügelt ist, nicht "literarisch / pädagogisch wertvoll" ist, sondern eher frei Kinderschnauze. Es ist lustig. Es ist charmant. Und das finde ich immer wieder wichtig bei Büchern.

Bücher, über die man nicht auch lachen kann, wo nur der erhobene Zeigefinger und der superirrewichtige pädagogische Inhalt dominieren, sind nicht literarisch, sondern funktional, einem Zweck unterworfen und recht häufig auch eher unschön zu lesen. Finde ich. Und das will ich gerade bei Kinderbüchern nicht. Es muß schön sein, schön zu lesen, schön zuzuhören, schön mitzuempfinden. Es muß mitreißen. Und das alles findet der Kleine wohl in diesem Buch, da hier über Dinge geschrieben wird, die direkt dem Alltag von Kindern entsprungen sind, die Kinder bewegen. Im Kleinen. Es ist kein superirrewichtiges Buch, was den pädagogischen Anspruch angeht, es ist kein Weltklassiker der Literatur, aber es ist ein schönes Buch, eines, bei dem der Kleine gerne zuhört und bitteschön auch ganz gerne alle Geschichten auf einmal am Stück gelesen haben will. Immer wieder. Und bitte - das ist meine ganz persönliche Meinung.

Daß der Sohnemann es mag und mich immer wieder auffordert, das zu lesen, überrascht mich, denn es sind nicht sooo viele Illustrationen vorhanden und empfohlen ist auch erst ab fünf. Macht ja auch nix, solange der Kurze es gerne hört.

Ein Lesetipp also. Von mir. Soll ja nicht nur um Fotos hier gehen, nicht wahr?
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